Gemütliche bayerische Suppenküche in San Francisco feiert 30-jähriges Bestehen
Eine kulinarische Erfolgsgeschichte in der Westküstenmetropole
San Francisco ist bekannt für seine vielfältige Küche und eine große Anzahl von Restaurants. Vor 30 Jahren haben jedoch zwei Bayern den Schritt gewagt und ein Wirtshaus in dieser Stadt eröffnet – die “Suppenküche“. Und bis heute ist sie eine Erfolgsgeschichte.
Der Besitzer der “Suppenküche“, Fabrizio Wiest, ist jeden Tag mit vollem Einsatz dabei. Der gebürtige Bayer schwört auf seinen Hut und wischt den Boden des Restaurants mit einem Wischmopp. Anschließend werden die 30 Jahre alten Holztische mit Öl poliert. “Alles muss picobello sein. Außerdem kommen noch Blumen darauf, damit alles schön aussieht”, erklärt der 59-jährige Wiest.
Die “Suppenküche” hat jedoch nichts mit einer normalen Suppenküche für Bedürftige gemein. Das beliebte Restaurant in der Westküstenmetropole ist seit 30 Jahren ein Erfolg. Wiest, ein Grafiker aus München, und ein begeisterter Hobbykoch, der sein Bekannter war, träumten damals von einem deutschen Wirtshaus in Kalifornien. “Das war eine Schnapsidee”, gibt Wiest heute lachend zu. Doch das Duo wagte den Schritt und eröffnete das Restaurant ausgerechnet in einer Stadt, die bereits als kulinarischer Hotspot bekannt war. Ursprünglich sollte es nur “Soup and Salad” sein, doch daraus entwickelte sich die “Suppenküche” mit bayerischer Bierkultur und einer deftigen Speisekarte, die vom Schnitzel und Sauerbraten bis hin zum Leberkäse und Käsespätzle reicht. Das Restaurant befindet sich in einem viktorianischen Haus aus dem 19. Jahrhundert im damals etwas schmuddeligen Stadtteil Hayes Valley. Wiest erzählt stolz, dass das Gebäude bereits in einem Stummfilm von 1924 zu sehen war.
Erfolg von Anfang an
Im Inneren des Restaurants sind die Wände mit weißer Kalkfarbe gestrichen und die Decke ist gewölbt. An der Außenseite des Gebäudes ist der Name “Suppenküche” in der Bauhaus-Schrift und dem Gründungsjahr 1993 groß geschrieben. “Von Anfang an war es ein großer Erfolg”, erinnert sich der inzwischen in Kalifornien ansässige Wiest. Ein junges Publikum, Künstler und “unglaublich viele skurrile” Menschen seien von Anfang an gekommen. Die Gegend in der Nähe des Opernviertels hat sich mittlerweile zu einem angesagten Viertel entwickelt. Doch die gemütliche Atmosphäre der “Suppenküche” hat sich kaum verändert. An den Wänden hängen alte Steinzeugkrüge aus Bayern und historische Porträts von König Ludwig II. von Bayern und dem ehemaligen US-Präsidenten Abraham Lincoln. Wiest ist stolz auf eine alte Zeichnung des Schlosses Tunzenberg bei Dingolfing, wo sein Großvater bereits Bier braute. Bayerische Tradition ist sein Credo. Die langen Holztische, an denen Fremde zusammen sitzen, haben damals etwas völlig Neues nach San Francisco gebracht, betont der Wirt. Plötzlich tauschten sich die unterschiedlichsten Menschen aus, anstatt isoliert an ihren eigenen Tischen zu essen. Dazu kommen Dutzende Biersorten, allesamt importiert aus Deutschland. Für Wiest ist die “Suppenküche” das perfekte Aushängeschild für die bayerische Bierkultur.
Großer Wirbel in der kleinen Küche
Jeden Tag strömen die Gäste ab 17 Uhr, wenn die schweren, alten Holztüren geöffnet werden, in die “Suppenküche“. “Ich bin ein Gourmet und habe das Restaurant auf einer Bestenliste entdeckt”, erzählt Juliana Cacciaroni bei ihrem ersten Besuch. “Es ist gemütlich hier, aber überhaupt nicht spießig”, ist ihr erster Eindruck. Ein Kellner gibt freundliche Empfehlungen. Seine Vorschläge: Wiener Schnitzel, Jägerschnitzel oder Sauerbraten. In der kleinen Küche herrscht reges Treiben. Reibekuchen brutzeln in der Pfanne, Teller mit Schnitzel werden dekoriert und der Kartoffelgurkensalat wird abgeschmeckt. Alles soll “möglichst traditionell” sein, betont Wiest. “Den Leberkäse machen wir nach einem alten Rezept aus Niederbayern und die Semmeln beziehen wir von einem Bäcker hier”, erklärt er. Der Küchenchef ist jedoch Amerikaner. “Jeder mag Würstchen und Kartoffeln”, lächelt Eric Fletcher. Die Tatsache, dass es die “Suppenküche” schon seit 30 Jahren gibt, ist für ihn der beste Beweis für ihre Qualität. Das beliebteste Gericht? Das Wiener Schnitzel, von dem bis zu 40 Bestellungen pro Abend eingehen. Das schwierigste Gericht? Die Schweinshaxe. “Mit Fabis Hilfe habe ich das endlich im Griff”, sagt Fletcher. “Sie soll innen zart sein, aber außen knusprig, nicht zu mager, aber auch nicht zu fett – das ist eine echte Herausforderung.”
Mit Gütesiegel ausgezeichnet
Wiest betreibt das Restaurant, mittlerweile als Alleinbesitzer, mit einem Team von 30 Mitarbeitern und hat gleich um die Ecke auch einen Biergarten eröffnet. Seine Frau, eine Latina aus Los Angeles, hilft ebenfalls mit. Das Paar hat drei Kinder. Kürzlich wurde ihr Lokal von der Stadtverwaltung als “Legacy Business” ausgezeichnet. In der Beschreibung heißt es: “Einfache deutsche Küche und großartiges Bier”. Nur wenige Unternehmen dürfen dieses Gütesiegel tragen, da sie einen besonderen Beitrag für die Nachbarschaften in San Francisco leisten. Bierkrüge aus Steinzeug zieren ein Regal unter einem Porträt des ehemaligen US-Präsidenten Lincoln im deutschen Restaurant “Suppenküche“.
In einer Stadt mit stark steigenden Preisen und extrem hohen Lebenshaltungskosten kämpfen viele Geschäfte ums Überleben. “In San Francisco geht es rauf und runter, so ist das schon seit dem Goldrausch”, meint Wiest. “Einige werden sehr reich, andere gehen pleite und dann geht es sofort wieder von vorne los.” Eine Currywurst in seinem Biergarten kostet 13 Dollar (etwa 12 Euro) und ein Wiener Schnitzel in der “Suppenküche” etwa 25 Euro. In einer Stadt, in der ein Hamburger bis zu 30 Dollar kosten kann, sind seine Gerichte vergleichsweise erschwinglich, betont Wiest.
Deutsches Essen wird in der Suppenküche nicht unterschätzt
Der Erfolg der Suppenküche über drei Jahrzehnte hinweg gibt ihm Recht. Und was ist Wiests Lieblingsessen in seiner Wahlheimat? “Schweinebraten, Leberkäse oder Schweinshaxe”, antwortet der Gastwirt ohne zu zögern. “Ich liebe deutsches Essen, doch meiner Meinung nach wird es viel zu unterschätzt”, sinniert der Bayer auf Deutsch und Englisch. Eines steht fest – in der “Suppenküche” wird deutsche Kulinarik nicht “unterschätzt”.
<< photo by Alexander Hendrowijaya >>
Das Bild dient nur zur Veranschaulichung und stellt nicht die tatsächliche Situation dar.