Bundestag zur Sterbehilfe: Eine lebensentscheidende Frage
Im Bundestag sind Vorschläge für ein neues Sterbehilfe-Gesetz gescheitert. Die Debatte war für die Abgeordneten ein Balanceakt zwischen dem Schutz der Selbstbestimmung und dem Schutz des Lebens. Am Ende blieb der Graubereich.
Karlsruher Urteil mit Sprengkraft
Es geht heute also um eine bedeutende und lebensentscheidende Frage im Bundestag: Soll jemand, der sein Leben beenden möchte, dabei legal von einer anderen Person unterstützt werden dürfen? Ja, entschied das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020 und kippte damit das Verbot der “geschäftsmäßigen” Sterbehilfe. “Geschäftsmäßig” hat dabei nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet “auf Wiederholung angelegt”. Es war ein Urteil mit Sprengkraft, das die fünfjährige Geltung eines zuvor neu geschaffenen Paragrafen 217 im Strafgesetzbuch beendete. Eine gesetzliche Neuregelung ist zwar nicht zwingend nötig. Aber die Karlsruher Richter legten dem Parlament nahe, ein Schutzkonzept zu verabschieden, um Missbrauch zu verhindern.
Balanceakt für die Abgeordneten
Für die Bundestagsabgeordneten heißt das: eine Balance finden zwischen dem Schutz der Selbstbestimmung und dem Schutz des Lebens. Fraktionsübergreifend hatten Abgeordnete außer der AfD zwei Gesetzentwürfe ausgearbeitet. Der Unterschied der Entwürfe liegt in den Vorgaben und Details der Beratung, vor allem aber in der Strafandrohung: Wenn Beratungspflichten nicht eingehalten werden, soll es dem strikteren Entwurf entsprechend bei der Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung bleiben. Der konkurrierende, liberalere Entwurf sieht auch hier keine Strafbarkeit mehr vor.
Der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci hält das für falsch. Er wirbt dafür, dass Sterbehilfe wieder im Strafrecht verankert wird. Die geschäftsmäßige, also organisierte Sterbehilfe soll demnach verboten sein. Nur in Ausnahmen, wenn bestimmte Beratungspflichten und Wartezeiten eingehalten werden, soll sie erlaubt sein. Dazu gehören mindestens zwei Untersuchungen durch Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sowie mindestens eine weitere Beratung. Bei Verstößen drohen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.
Weiter im ungeregelten Zustand
Am Ende bekommt aber keiner der beiden Vorschläge eine Mehrheit. Schade, sagt Renate Künast. Die Grünen-Politikerin hatte sich für den liberaleren Vorschlag ausgesprochen. Sie sei zwar froh, dass der Vorschlag von Castellucci mit der Regelung im Strafrecht nicht durchgekommen sei. Aber sie findet nicht gut, dass Suizidassistenz somit weiter unreguliert möglich ist.
Ähnlich sieht das der FDP-Abgeordnete Benjamin Strasser, der sich für den restriktiveren Entwurf eingesetzt hatte. Die Betroffenen seien jetzt weiterhin einem Graubereich von undurchsichtigen Sterbehilfeorganisationen ohne Schutzkonzept ausgesetzt, sagt Strasser. Seine Gruppe habe trotz der Ablehnung mit Abstand die meisten Stimmen der Abgeordneten erhalten. Deshalb wolle man mit etwas Abstand zu den heutigen Entscheidungen beraten, ob und wie man einen neuen Anlauf in der Legislaturperiode unternehmen werde.
Suizidprävention soll gestärkt werden
Auch der Bundesgesundheitsminister bedauert, dass heute keiner der Anträge eine Mehrheit bekommen hat. Karl Lauterbach hatte als Abgeordneter den liberaleren Entwurf favorisiert. Als Minister sieht er sich nun in der Pflicht, an einem nationalen Suizidpräventionsplan zu arbeiten. Denn einig sind sich die Abgeordneten heute dann doch an einer Stelle: Die Suizidprävention soll gestärkt werden. Mit großer Mehrheit fordern die Abgeordneten die Bundesregierung dazu auf, eine entsprechende Strategie vorzulegen. Die solle garantieren, dass Menschen mit Suizidgedanken und Angehörige schnell online oder telefonisch Hilfe erhalten. Mittels Telefonseelsorge und sozialpsychiatrischer Dienste soll ein bundesweiter Suizidpräventionsdienst aufgebaut werden. Die Anregungen der Abgeordneten wolle er aufnehmen, sagt Lauterbach und bereits nach der Sommerpause einen Plan vorlegen.
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Das Bild dient nur zur Veranschaulichung und stellt nicht die tatsächliche Situation dar.
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