“Last Exit Schinkenstraße“: Panieren geht über Studieren
Von Oliver Jungen
Aktualisiert am 06.10.2023 – 10:52
Wer gönnte den Menschen ihren Urlaub nicht?
Zumal den Narren im Humorbergbau, die das ganze Jahr Pointen aus dem nackten Fels hacken. Warum sollen die sich nicht einmal volllaufen lassen und „Man soll nicht lecken, bevor es tropft“ grölen? Wozu haben wir den Ballermann denn erobert?
Das enttäuschende Drehbuch von Heinz Strunk
Was an Amazons massenkompatibler „Saufen-Saufen-Saufen“-Serie „Last Exit Schinkenstraße“ dennoch schmerzt, das hat mit enttäuschter Liebe zu tun. Ausgerechnet der Mettwurstpapst Heinz Strunk, vielleicht der größte Edelhumorist seit Loriot, der in Romanen wie „Der goldene Handschuh“ oder „Ein Sommer in Niendorf“ oder im grandiosen „Jürgen“-Film das berührend Lakonische zur eigenen Kunstform erhoben hat, liefert ein Drehbuch ab, das an Plumpheit schwer zu übertreffen ist.
Ein Plot ohne Subtilität
In “Last Exit Schinkenstraße” geht es um zwei abgehalfterte Unterhaltungsmusiker, die an der Playa zwischen Bierkönig und Megapark als Bumsmusik-Duo (“Da geht was”) noch einmal durchstarten. Sie sind erstaunlich erfolgreich, werden abgezockt und rappeln sich wieder auf. Das ist als Plot kaum subtiler als Mickie Krauses Dumpfbackenhymne „Geh mal Bier hol’n“, die als Referenz ebenso vorkommt wie Krause als grauslich spielender Gaststar.
Mangelnde Dramatik und Erzählkunst
Der von Strunk selbst gemimte Charakter Peter macht also unter tatkräftiger, aber keineswegs uneigennütziger Hilfe von Clubbesitzer Tarek (José Barros Moncada) eine Metamorphose zur Partynudel Pierre Panade durch. Erzählerisch eine Kapitulation Dramatik, Fallhöhe und Erzählbogen bleiben leere Behauptung. Wo nur Witzfiguren unterwegs sind, implodiert jede Parodie. Auch die Idee, schlechte Partysongs lang auszuspielen, weil es so einfach ist, sie nachzubauen (man denke an Jan Böhmermanns weit pfiffigeres „Ischgl-Fieber“), hilft dem Plot nicht auf die Beine.
Verzweifelter Gaststar-Auftrieb
Fast schon verzweifelt wirkt der Gaststar-Auftrieb: Olli Schulz als dauereifersüchtige Stagehand Ernie, Charly Hübner als Bandleader mit Langhaarmatte, Technokasper H.P. Baxxter als Toningenieur, Bjarne Mädel in hilflos angeflanschter Beziehungshandlung. Doch all diese Schauspieler verlieren sich in einem Drehbuch, das ihnen nichts zu bieten hat.
Ein Kapitulation der Erzählkunst
Regisseur Jonas Grosch („Legend of Wacken“) bringt eine Reihe von Spitzenschauspielern nach El Arenal und weiß dann nichts mit ihnen anzufangen. Die Serie “Last Exit Schinkenstraße” zeigt sich erzählerisch als Kapitulation.
Fazit
“Last Exit Schinkenstraße” enttäuscht auf ganzer Linie. Das Drehbuch von Heinz Strunk, der für seine tiefsinnigen und lakonischen Werke bekannt ist, ist hier plump und subtilitätslos. Die fehlende Dramatik und der mangelnde Erzählbogen lassen die Serie in Belanglosigkeit versinken. Auch die Auftritte von Gaststars können das schwache Drehbuch nicht retten. Die Serie ist ein Beweis dafür, dass nicht immer alles, was Massenkompatibilität verspricht, auch Qualität birgt.
<< photo by Wolfgang Hasselmann >>
Das Bild dient nur zur Veranschaulichung und stellt nicht die tatsächliche Situation dar.
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