Handys und Sirenen: Was am Warntag 2023 in SH passiert
Stand: 13.09.2023 12:04 Uhr
Beim bundesweiten Warntag testen Bund, Länder und Kommunen morgen ihre Alarmsysteme – etwa Warn-Apps und den Mobilfunkdienst Cell Broadcast. Sirenen werden in SH kaum zu hören sein – wieder einmal. Der Ausbau der Anlagen stockt.
Beim Warntag geht es um mehr als die Technik
Am morgigen Donnerstag sollen wieder Handys lautstark klingeln, Warn-Apps Alarm schlagen und Warnmeldungen im Radio und Fernsehen laufen. Am bundesweiten Warntag werden zeitgleich um 11 Uhr vormittags verschiedene Systeme getestet. Konkret löst das Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) das sogenannte Modulare Warnsystem (MoWaS) aus. Daran sind zum Beispiel Rundfunk- und Fernsehsender angeschlossen, außerdem Warn-Apps wie NINA, Katwarn und BIWAPP sowie der Mobilfunkdienst Cell Broadcast. Auch auf digitalen Anzeigetafeln erscheinen Test-Warnmeldungen. Eine Dreiviertelstunde später wird Entwarnung gesendet.
“Die Menschen sollen einfach darauf aufmerksam gemacht werden, dass wir ein Warnsystem haben und sich damit auseinandersetzen”, sagt Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU).
Beim Warntag gehe es demnach nicht nur darum, die Technik an sich zu überprüfen, sondern auch so viele Menschen wie möglich zu erreichen. “Das geht am besten, wenn die Menschen mitmachen”, sagte Sütterlin-Waack. Dazu gehört zum Beispiel, die aktuelle Software auf dem Mobiltelefon zu haben oder sich im Vorfeld mit der Funktionsweise von Warn-Apps auseinanderzusetzen. Sirenen seien schon früher regelmäßig getestet worden, das sei bei der Bevölkerung bekannt, so Sütterlin-Waack – mit den digitalen Mitteln müsse dagegen mehr geübt werden.
Handy oder Sirenen: Was die Warnungen bedeuten und was zu tun ist
Beim bundesweiten Warntag werden Testmeldungen gesendet. Bürgerinnen und Bürger müssen also nichts tun.
Ein einminütiger an- und abschwellender Sirenenton zeigt eine große Gefahr an, zum Beispiel eine Sturmflut. Für weitere Informationen sollten Radio oder Fernsehen eingeschaltet werden. Manchmal gibt es auch Lautsprecherdurchsagen. Außerdem sollte man in geschlossenen Gebäuden bleiben, Fenster und Türen geschlossen halten und ggf. Passantinnen oder Passanten aufnehmen. Nur wer akut Hilfe braucht, sollte den Notruf wählen und die Leitungen nicht mit Rückfragen blockieren.
Drei lange Sirenentöne hintereinander mit kurzen Pausen dazwischen alarmieren die Feuerwehr. Anwohnerinnen und Anwohner sollten Fenster und Türen geschlossen halten und den Anweisungen der Einsatzkräfte folgen.
Ein einminütiger, durchgängiger Ton bedeutet Entwarnung. Weitere Informationen und die Sirenentöne zum Anhören gibt es auf der Internetseite des Innenministeriums.
Warnmeldungen über Cell Broadcast enthalten kurze Handlungsempfehlungen sowie einen Link zu einer Detailseite, die die konkreten Warnmeldungen inklusive aller weiteren Informationen zur Warnung enthält.
Mitteilungen von Warn-Apps wie NINA enthalten in der Regel eine Beschreibung der jeweiligen Gefahr sowie konkrete Handlungsempfehlungen, zum Beispiel das Schließen von Fenstern und Türen.
Eine wichtige Rolle bei den digitalen Warnmitteln spielt seit diesem Jahr der Mobilfunkdienst Cell Broadcast. Anders als bei Warn-Apps wie NINA muss dafür keine Anwendung auf dem Smartphone installiert werden. Die Warnmeldungen werden direkt an die Geräte gesendet – ähnlich wie eine SMS, allerdings nicht an die Telefonnummer, sondern über die Mobilfunknetze an alle Handys in einer bestimmten Funkzelle.
Es muss allerdings bei Android-Betriebssystemen mindestens Version 11 installiert sein, bei Apple mindestens iOS 16.1 (ab iPhone 6s). Beide Betriebssysteme sind schon länger auf dem Markt, wer sein Telefon in diesem Jahr schon einmal aktualisiert hat, dürfte eine der kompatiblen Versionen haben.
Beim vorangegangenen Warntag im Dezember 2022 wurde das System erstmals in Deutschland getestet – und erwies sich in einer Umfrage gleich als das Warnmittel, über das die Menschen am häufigsten Meldungen erhielten. Deutschlandweit wurden 53,7 Prozent der Befragten über Cell Broadcast erreicht.
Nach dem Test 2022 wurde Cell Broadcast am 23. Februar 2023 offiziell eingeführt und wird seitdem auch regulär bei Gefahrenmeldungen genutzt. Laut BBK entscheiden im Alltag die diensthabenden Mitarbeitenden in den Leitstellen, ob und wann gewarnt werden soll, in welchem Gebiet und über welche Kanäle. Bisher ist das nach Angaben des Netzbetreibers Vodafone acht Mal über Cell Broadcast passiert – offenbar aber nicht immer geplant: “Nach der Einführung von Cell Broadcast musste von den Leitstellen die Auslösung von Cell Broadcast aktiv abgewählt werden”, teilte das Innenministerium mit. “Dies wurde häufig übersehen, so dass vier bis fünf Mal in Warnstufe 3 über Cell Broadcast vor Brandrauchgasen gewarnt wurde.” Die Nutzung von Cell Broadcast in Warnstufe 3 sei inzwischen untersagt worden.
Warum in Schleswig-Holstein am Warntag nicht überall Sirenen heulen
Klassische Sirenen werden am bundesweiten Warntag in Schleswig-Holstein aber nicht überall zu hören sein. Das liegt zum einen daran, dass die kommunalen Behörden selbst entscheiden, ob am Warntag auch lokale Sirenen und Lautsprecher getestet werden. Sie sind nicht an das zentrale Warnsystem angeschlossen. Zum anderen wurden nach dem Kalten Krieg viele der Sirenen in Schleswig-Holstein abgebaut. Ende 2022 gab es landesweit noch etwa 2.600. Vor allem in größeren Städten wie Kiel, Lübeck oder Flensburg, aber auch in einigen Kreisen existierten zuletzt keine stationären Sirenen mehr.
Die Innenministerin empfiehlt deshalb, sich im Vorfeld des Warntages zu informieren, welche Warnmittel in der jeweiligen Kommune erprobt werden. “Dann kann man sich darauf einstellen. Und niemand muss sich beispielsweise darüber wundern, wenn in seiner oder ihrer Kommune keine Sirene ertönt, weil die flächendeckende Ausstattung mit digital anzusteuernden Sirenen dort noch nicht erreicht wurde.”
Das Land Schleswig-Holstein will bis 2030 insgesamt 5.000 Sirenen aufbauen, um Naturkatastrophen und andere Gefahren effektiver bekämpfen zu können. Dies gewinnt besonders vor dem Hintergrund von Ereignissen wie der Naturkatastrophe im Ahrtal und der Energiekrise infolge des Überfalls Russlands auf die Ukraine an Bedeutung.
Die Kosten für die Modernisierung des Sirenennetzes wurden Ende 2022 auf 55 Millionen Euro geschätzt. Durch die Inflation könnten die Kosten allerdings noch höher ausfallen. Das Land selbst stellt bis 2030 rund 23 Millionen Euro zur Verfügung. Über ein Förderprogramm des Bundes flossen bis zum vergangenen Jahr außerdem 2,9 Millionen Euro nach Schleswig-Holstein, von denen jedoch bisher nur wenige Vorhaben abgeschlossen wurden.
Die Innenministerin gibt jedoch zu bedenken, dass es schwierig ist, Sirenen zu beschaffen, da es nur wenige Hersteller gibt, die diese Geräte produzieren und handeln. Es gab Engpässe und Wartezeiten. Dennoch sieht die Ministerin Fortschritte im Vergleich zum vorangegangenen Warntag und dem ersten bundesweiten Warntag im Jahr 2020.
Es wurde bereits bei früheren Warntagen festgestellt, dass es erhebliche Defizite bei Warnmitteln, insbesondere bei Sirenen, gibt. Nach einem 10-Punkte-Plan, den das Innenministerium formuliert hat, wurden 2022 deutliche Verbesserungen erzielt. Dennoch scheinen die Sirenen in einigen Regionen Schleswig-Holsteins noch nicht ausreichend zu funktionieren. Eine Umfrage des BBK ergab, dass nur etwa 20 Prozent der Menschen im Nordosten und etwa 30 Prozent im Südosten des Landes die Sirenen gehört haben. Bundesweit gaben 47,9 Prozent der Befragten an, Sirenen gehört zu haben.
Langfristig fordert Schleswig-Holstein weitere Unterstützung vom Bund, da die bisherigen Fördermittel für das BBK und das Technische Hilfswerk als zu niedrig angesehen werden. Es ist auch wichtig, auf Landesebene Ressourcen bereitzustellen, insbesondere für die unteren Katastrophenschutzbehörden.
Quelle: [NDR](https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Handys-und-Sirenen-Was-am-Warntag-2023-in-SH-passiert,warntag190.html)
<< photo by Google DeepMind >>
Das Bild dient nur zur Veranschaulichung und stellt nicht die tatsächliche Situation dar.
Sie könnten lesen wollen !
- Bundesweiter Warntag: Fehlende Sirenen in Frankfurt – Eine Frage der Sicherheit?
- Vier Jahre Sperre für Tennisspielerin Halep: Ein Warnschuss für den Anti-Doping-Kampf
- Winterliches Chaos: Hagelsturm verwandelt Worms in eisige Landschaft
- Warntag 2023 in Hessen: Warum am 14. September Ihr Handy klingeln wird
Neuer Warntag in Hessen: Wie sinnvoll ist die bundesweite Alarmübung?
- Verkehrsentlastung auf der Autobahn: Berlin wieder erreichbar
- Fußballregen in München: VfB Lübeck schockt 1860 mit einem 2:1-Sieg
- Sensation in München: VfB Lübeck bezwingt 1860 mit 2:1!