Sommer ohne Sport? Entzug am TV und eine Frage vor Augen
Von Michael Eder – Aktualisiert am 25.07.2023 – 15:19
Die Tour de France ist vorbei, das Wimbledon-Finale nur noch phantastische Erinnerung. Und nun? Vielleicht die Frauen-WM – langweiliger als Männer-Fußball kann es kaum werden. Eine Glosse.
J a, ich weiß, das ist mal wieder ein Vergleich, der hinkt.
Aber trotzdem sage ich, wie es ist: Ich bin auf Entzug. Auf Sport-Entzug. Die volle Dosis habe ich in den vergangenen Wochen bekommen, und jetzt? Quel malheur: In der kommenden Woche keine Tour de France mehr, kein Open-Air-Theater quer durch Frankreich mit den Herren Vingegaard und Pogacar in den Hauptrollen. Und fast schlimmer noch: Nichts in Sicht wie dieses unfassbare Tennismatch auf dem Centre Court des All England Lawn Tennis and Croquet Clubs in Wimbledon, dieses Herrenfinale zum Abschluss eines zweiwöchigen Turniers, das auf deutlich kleinerem Terrain als die Tour de France stattfand, am Ende zu fast gleichen Teilen auf heiligem Rasen und britischem Acker.
Genug geschwärmt
Genau 78 mal 27 britische feet groß ist dieses Theater der Zauberer und Kämpfer, also rund 195 europäische Quadratmeter. Eine kleine Bühne, betrachtet man das gigantische Spektakel, das die Tennis-Meister Djokovic und Alcaraz am Sonntag boten. Dass man ein Bezahl-Abo brauchte, um es im Fernsehen zu sehen, kann man nicht anders nennen als einen Skandal, wenn man bedenkt, was die Öffentlich-Rechtlichen hierzulande sportlich sonst so zusammensenden im Lauf eines Jahres. Die Tour de France jedoch haben sie im Angebot, ein bisschen moralinsauer immer noch, aber stets bemüht, man könnte sich das tatsächlich anschauen, wenn es nicht Eurosport gäbe, die Heimat der Profis und Liebhaber, was Radsport angeht.
Ist immer wieder faszinierend zu hören, wie einer der Kommentatoren den kleinen grünen Fahrer im engen Feld der 176 Profis beim Namen und Lebenslauf nennt, der gerade ein technisches Problem an seinen Teamwagen meldet, indem er einen Arm hebt. Vermutlich hat der Kommentator ihn an der Art erkannt, wie er die Pedale tritt, jedenfalls weiß er alles über ihn, wie über die restlichen 175 Fahrer auch. Faszinierend. Aber jetzt mal langsam, genug geschwärmt, wollen jetzt auch nicht übertreiben. Das ist alles vorbei, die Tour und das Finale von Wimbledon. Jetzt also auf Entzug und die Frage vor Augen: Was soll jetzt kommen in den nächsten Wochen?
Da hätten wir zum Start der zweiten Fußball-Liga das Duell der biggest loser: HSV gegen Schalke. Ist aber wohl eher doch nur was für ewige Romantiker. Dann setzen wir lieber alles auf eine Karte: auf die Frauenfußball-WM in Australien und Neuseeland im Frühstücksfernsehen. Warum auch nicht?
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie einer meiner Söhne vor der letzten Frauen-WM einen meiner Söhne fragte, einen Fußball-Skeptiker, ob er im Fernsehen denn jetzt auch mal Frauenfußball schauen würde und darauf die schöne Antwort erhielt: Warum denn nicht, langweiliger als Männerfußball könne es ja auch nicht sein.
Quelle: F.A.S.
<< photo by Emile >>
Das Bild dient nur zur Veranschaulichung und stellt nicht die tatsächliche Situation dar.